Unternehmensnachfolge

In den nächsten vier Jahren steht bei rund 135.000 Familienbetrieben in Deutschland die Nachfolge an1. Familienunternehmer möchten ihr Lebenswerk an die nächste Generation weitergeben. Auch die Unternehmensnachfolger sehen, laut einer Studie der Zeppelin Universität, ihr wichtigstes berufliches Ziel in der Übernahme unternehmerischer Verantwortung2. Drei Viertel der Befragten wollen darüber hinaus nicht nur Gesellschafter des Familienunternehmens werden, sondern auch operative Führung übernehmen3. Der Generationswechsel birgt jedoch Konfliktpotential. Kaum eine Phase im Leben eines Unternehmens ist so komplex und mit Emotionen verbunden wie die Unternehmensnachfolge. Prominente Beispiele hierfür sind die Unternehmensgruppen Tönnies und Fischer Dübel oder die Brauerei Gaffel.

Wo liegen die Probleme? Generationswechsel mit Hindernissen.

Eine Unternehmensnachfolge stellt eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar. Sie ist geprägt von vielen Einzelfragen, die für den Weg in die neue unternehmerische Zukunft, den Fortbestand des Unternehmens sowie den Erhalt des Familienfriedens von enormer Bedeutung sind. So sind gleichzeitig insbesondere familiäre, betriebswirtschaftliche, rechtliche, steuerrechtliche sowie eine Vielzahl anderer Aspekte zu berücksichtigen.

Eine Unternehmensnachfolge bedeutet Abschied vom eigenen Lebenswerk – loslassen und Vertrauen schenken. Setzt man sich sorgfältig mit der Nachfolgeplanung auseinander, müssen auch existenzielle Themenfelder – wie Krankheit, Unfall oder Tod – auf den Tisch, was nicht so einfach ist. Auf der nächsten Generation lastet gleichzeitig ein hoher Erwartungsdruck. Scheitert der Nachfolger, ist das anvertraute Lebenswerk in den Sand gesetzt und gegebenenfalls auch die Altersvorsorge der Eltern oder gar die Existenzsicherung der ganzen Familie gefährdet.

Die Verbindung von Unternehmen und Familie lässt sich als die Koppelung zweier unterschiedlicher Systeme verstehen, die komplett unterschiedlichen Logiken und Spielregeln folgen. Während beispielsweise Gleichheit in der Familie ein jederzeit einklagbares Kriterium für Gerechtigkeit ist, ist dies im Unternehmen nicht der Fall. Ein Familienunternehmen verbindet somit unterschiedliche Ebenen die mit verschiedenen Rollen einhergehen: Geschäftsmann, Arbeitgeber und Partner im System Unternehmen; Elternteil, Kind und Geschwister im System Familie. Im Rahmen der Unternehmensnachfolge müssen beiden Systeme in Einklang gebracht und gewohnte Rollenverständnisse und Autoritätsstrukturen aufgelöst und neu gebildet werden.

In der Herausforderung Unternehmensnachfolge steckt somit viel Konfliktpotential, welches Familie und Unternehmen schwer belasten kann. Konflikte entstehen, laut Prof. Diethard Simmert (2015), weil häufig nicht offen und ehrlich kommuniziert wird und nicht alle (oder ausschließlich die) relevanten Familienangehörigen in den Nachfolgeprozess eingebunden werden. Häufig fehlt eine Niederschrift die den Ablauf der Nachfolge festlegt. Dies kann zu unzureichenden Kompetenzabgrenzungen oder widerstreitenden Zielsetzungen und damit zu Auseinandersetzungen führen. Überdies darf auch die Belegschaft bei der Unternehmensübergabe nicht unberücksichtigt bleiben, sonst sind, so Simmert (2015), Konflikte vorprogrammiert. Entstehende Konflikte sind oft von besonderer Intensität, da konflikthafte Themen nicht wie in anderen Arbeitsverhältnissen im Büroalltag verbleiben, sondern auch das Familienleben nach dem Feierabend beherrschen.

Warum ist Mediation in der Unternehmensnachfolge wichtig?

Ziel einer Mediation ist die Entwicklung eines Planungskonzepts für die Unternehmensnachfolge. Eine Mediation bietet sich daher sowohl bei einer geplant angegangenen Unternehmensnachfolge als auch im Erbfall an, wenn die Gesellschafter (Familienangehörige und Fremdgesellschafter) in Uneinigkeit geraten. Unter professioneller Anleitung können alle wichtigen persönlichen und wirtschaftlichen Fragen miteinander geklärt werden. Sie ermöglicht eine klare Kommunikation über die eigenen Ressourcen und Ziele für das Unternehmen und sich selbst sowie hinsichtlich der Rollen und (Entscheidungs-)Kompetenzen der Vertreter beider Generationen.

Die Beteiligten suchen selbstbestimmt nach nachhaltigen Lösungen, die ihren individuellen Lebenssituationen und dem Unternehmen entsprechen. Dabei werden in der Mediation die Interessen aller relevanten Familienmitglieder berücksichtigt. Zusätzlich können Mitarbeiter unterschiedlicher Geschäftsbereiche des Unternehmens und auch externe Berater wie Rechtsanwälte oder Steuerberater jederzeit in den Prozess mit einbezogen werden. Auf diesem Wege entsteht Raum, um die Phase des gemeinsamen Arbeitens als Chance zu nutzen und Zukunftspläne zu schmieden.

Quellen

Evers, Marc (2015). Rekordhoch an Senioren, Rekordtief an Nachfolgern. Zahlen und Einschätzungen der IHK-Organisation zum Generationswechsel in deutschen Unternehmen. DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2015. Berlin.

Kay, Rosemarie / Suprinovič, Olga (2013). Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2014 bis 2018. Institut für Mittelstandsforschung Bonn. Daten und Fakten Nr. 11.

Stiftung Familienunternehmen (2015). Deutschlands nächste Unternehmergeneration. Eine empirische Untersuchung der Werte, Einstellungen und Zukunftspläne. München

Simmert, Diethard / Offermann, Niklas (2015). Warum scheitern Übergaben? Firmennachfolge. Managermagazin der Sparkassen-Finanzgruppe

1Kay/Suprinovič, 2013; DIHK-Nachfolgereport 2015.

2Stiftung Familienunternehmen 2015.

3Stiftung Familienunternehmen 2015.

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